Clara Rilke-Westhoff

(* 21.11.1878 in Bremen, + 9.3.1954 in Fischerhude)

Die Künstlerin Clara Rilke-Westhoff wuchs mit ihren beiden Brüdern in Bremen-Oberneuland auf. Ihre Mutter war Johanna Westhoff, geb. Hartung, ihr Vater war der Kaufmann Friedrich Westhoff. Bereits mit siebzehn Jahren konnte Clara Westhoff dank des musischen Verständnisses ihrer Eltern ein Studium in der damaligen Kunstmetropole München beginnen. Da Frauen zu dieser Zeit in Deutschland der Zutritt zu staatlichen Akademien noch verwehrt wurde, war Clara Westhoff gezwungen, eine private Malschule zu besuchen. So trat sie 1895 in die Malschule von Fehr/Schmid-Reutte ein, wo sie Kopf-, Akt- und Landschaftsmalerei studierte. Gleichzeitig setzte sie sich couragiert für die Gleichberechtigung der Frau in der Kunstausbildung ein.

“Blick vom Weyerberg”
 ca. 29 x 35 cm (o. R.)
ca. 44 x 50 cm (m. R., Museumsglas, Passepartout))

Aquarell auf Papier
zw. 1940 – 1950
signiert u.l. : “Clara Rilke“
Abbildung mit Rahmen

Preis auf Anfrage

Verärgert und enttäuscht über die Münchener Arbeitsbedingungen, schloss sie sich 1898 der damals noch umstrittenen Künstlerkolonie Worpswede an und wurde Schülerin von Fritz Mackensen. Bei ihm lernte sie auch Paula Becker kennen, mit der sie bald eine tiefe menschliche und künstlerische Freundschaft verband. Mackensen entdeckte sofort ihre plastische Begabung und bestärkte die Künstlerin in ihrem Wunsch, Bildhauerin zu werden. Sie wurde daraufhin 1899 Schülern von Max Klinger und dessen Freund Carl Seffner. Clara Rilke-Westhoff drang damit in eine den Männer vorbehaltene Domäne ein. Zu Beginn des Jahres 1900 reiste sie mit einer Empfehlung Klingers nach Paris, um Aktzeichnen und anatomische Studien zu vertiefen. Sie besuchte Kurse an der Academie Julian und der École des Beaux Arts. Wichtig für ihre künstlerische Entwicklung war die Begegnung mit Rodin, mit dem sie bald eine künstlerische und persönliche Beziehung verband. Als einzige deutsche Schülerin konnte sie in Rodins Atelier arbeiten und besuchte zusätzlich das „Institut Rodin“. Durch Rodins Einfluss löste sie sich von Mackensens Detailtreue und seinem peniblen Realismus.

Als die Künstlerin im Sommer des Jahres 1900 wieder nach Worpswede zurückkehrte, lernte sie dort Rainer Maria Rilke kennen, den sie im Frühjahr des Jahres 1901 heiratete. Das Paar siedelte ins benachbarte Westerwede über, um sich dort nach der Geburt der Tochter Ruth eine Existenz aufzubauen. Diese Ehe bedeutete einen tiefen Einschnitt in Clara Rilke-Westhoffs persönlicher und künstlerischer Entwicklung. Als Ehefrau und Mutter blieb ihr nur wenig Zeit für ihre künstlerische Tätigkeit. Dennoch betrachtete sie diese ersten Ehejahre optimistisch als Herausforderung und fertigte zahlreiche Arbeiten an, unter anderem Porträts von Vogeler, Rilke und Paula Modersohn-Becker. Doch bald begannen finanzielle Sorgen, die sich über Jahre hinzogen, die Schaffenskraft Clara Rilke-Westhoffs zu beeinträchtigen und stellten auch ihre Ehe vor grosse Probleme. Die meisten Aktivitäten, die das Paar unternahm, dienten ausschliesslich dazu, die finanzielle Situation zu verbessern. Als sämtliche Bemühungen eine bürgerliche Existenz aufzubauen, scheiterten, löste Clara Rilke-Westhoff 1902 den Haushalt in Westerwede auf und folgte Rilke, der Privatsekretär von Rodin geworden war, nach Paris. Das Kind wurde zu den Grosseltern nach Oberneuland gegeben. Doch dieser erneute Aufenthalt in Paris war für Clara Rilke-Westhoff geprägt von Sehnsucht nach der Tochter und von finanziellen Nöten. Ständig war sie auf der Suche nach Auftragsarbeiten. Sie arbeitete intensiv. Doch leider sind viele ihrer Werke aus dieser Zeit zerstört, weil die Bildhauerin nicht die Möglichkeit hatte, sie in Bronze giessen zu lassen. Ein Selbstporträt zeigt deutlich die Spuren dieser Krisenzeit: ihre Gesichtszüge sind grob, der Mund ist verkniffen. Auch ihre Freundin Paula hat diese Identitätskrise von Clara Rilke-Westhoff eindrucksvoll verdeutlicht.

Nachdem das Paar 1903 Paris verlassen hatte, folgten Wanderjahre durch ganz Europa, die von längeren Aufenthalten in Rom, Berlin und München unterbrochen wurden. Während dieser Zeit porträtierte Clara Rilke-Westhoff bedeutende Persönlichkeiten wie Gerhart Hauptmann, Richard Dehmel, Ricarda Huch, Karl Wolfskehl, Alfred Schuler u.a. Die unstete Lebensweise des Paares Rilke-Westhoff, die beide häufig zwang, an verschiedenen Orten zu leben und zu arbeiten, führte immer stärker zur Entfremdung. Schließlich beantragte Clara Rilke-Westhoff 1912 die Scheidung, die jedoch an hohen Kosten und bürokratischen Schwierigkeiten scheiterte. Als Rilke sich 1919 in der Schweiz und Clara Rilke-Westhoff in Fischerhude niederliessen, war die räumliche Trennung endgültig, während die geistig-künstlerische Verbundenheit bis zum Tode des Dichters bestehen blieb. Um 1925 wandte sich die Künstlerin intensiv der Malerei zu, so dass schließlich neben ihrem plastischen Oeuvre ein ebenso umfassendes malerisches Werk entstand. Bald nach ihrem Tode geriet Clara Rilke-Westhoff aus den verschiedensten Gründen in Vergessenheit. Zum einen befanden sich ihre Arbeiten in privater Hand, zum anderen waren sie in verschiedenen Depots und dadurch der Öffentlichkeit kaum zugänglich. Außerdem bestand allgemein bis vor wenigen Jahren ein generelles Desinteresse an Bildhauerinnen. Mit ihrer 1986 erschienen umfassenden und beeindruckenden Arbeit über Clara Rilke-Westhoff leitete Marina Sauer eine Rehabilitierung der Künstlerin ein. Sie befreite Clara Rilke-Westhoff von ihrem Schattendasein, immer nur als Ehefrau Rilkes und als Freundin Paula Modersohn-Beckers Erwähnung zu finden. Clara Rilke-Westhoff muss heute als Pionierin für nachfolgende Generationen von Bildhauerinnen angesehen werden.

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“Kuh am Bachlauf (Worpswede)”
Öl/Karton/Hartfaser
ca. 33,5 x 46 cm (o. R.)
ca. 42,0 x 54 cm (m. R., Museumsglas)
um 1920

Preis auf Anfrage

Clara Rilke-Westhoff

“Blumenstillleben”
Aquarell und schwarze Tinte auf Papier
ca. 45 x 32,5 cm (o. R.)

ca. 55 x 42,5 cm (m. R.)
signiert: “Clara Rilke″
Preis auf Anfrage

 Literatur/Abbildung:

„Ein Rucksack voller Farben” – Frauen und die Freiluftmalerei;
Museum Moderner Kunst Wörlen – Passau; [2014]

WEB-Links (Auswahl):

plakat-emil-orlik-vdbk-1897Lexikon des VdBK 1867

Literatur und Quellen (Auswahl):

„Fortsetzung folgt! 150 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen“
Ausstellungspublikation, 25.11.2016 – 24.03.2017, Camaro Stiftung Berlin,
ISBN 978-3932809-81-1

„Ein Rucksack voller Farben“ Künstlerinnen und die Freiluftmalerei
Museum Moderner Kunst – Wörlen Passau; Gabler, Josephine; ISBN: 978-3-928844-64-2

Kirsch, Hans-Christian: Worpswede, die Geschichte einer Künstlerkolonie, München 1989

Lutze, Eberhard: Bremische Biographien 1912 bis 1962, Bremen 1969

Sauer, Marina: Die Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff 1878-1954, Bremen 1986

Quelle / Autorin: Helga Fuhrmann


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