Helen (Grund) Hessel

Helen Hessel (* 30. April 1886 in Berlin; † 15. Juni 1982 in Paris; Geburtsname Helen Grund) war Modejournalistin und von 1913 bis 1921 und wieder ab 1922 mit dem Schriftsteller Franz Hessel verheiratet; ihre Söhne waren Ulrich und Stéphane Hessel.

Leben

Kindheit und Jugend
Hessel wurde im Jahr 1886 als fünftes und letztes Kind von Franz-Wilhelm Carl Grund und seiner Frau Julie Anna Butte unter dem Namen Helen Grund in Berlin geboren. Sie hatte zwei Brüder und zwei Schwestern. Die Grunds waren eine wohlhabende Familie. Hessels Mutter starb 1915 in einer Schweizer Psychiatrische Klinik, in welcher sie aufgrund einer Nervenkrankheit seit 1898/1899 lebte. Auch die Lebensläufe von Hessels Geschwistern sind tragisch. Ihr ältester Bruder Otto Grund wurde früh in eine Nervenheilanstalt eingeliefert, wo er bald verstarb. Ihre Schwester Ilse Grund und ihr Bruder Fritz Grund begingen beide in ihren 20er Jahren Selbstmord.[1] Hessels Jugend wurde durch Reisen nach London und Paris geprägt. Dort lernte sie beide Sprachen, Englisch und Französisch, beinahe fließend sprechen. Dies zeigt sich auch in ihrem Tagebuch, das sie führte. Hier wechselt die Schreibsprache zwischen Deutsch, Englisch und Französisch. In Helen Hessels Augen war die Ehe eine pragmatische Bindung, die garantierte, dass die Gattin für immer versorgt sei. So beschloss sie Malerei zu studieren. [2] Im Rahmen des Studiums lernte sie 1905 George Mosson kennen, mit welchem sie eine siebenjährige Liaison hatte.

Ausbildung

Helen Grund besuchte, wie es für gutbürgerliche Familien in Berlin üblich war, die Charlottenschule. Sie schrieb sich danach an der Damenakademie des Berliner Künstlerinnenvereins ein und lernte dort unter Käthe Kollwitz und anderen. Deren künstlerisches Wirken stand im Zeichen eines sozialkritischen Engagements. Durch ihre Beziehung mit dem Dozenten George Mosson gelang es Grund schnell, im Milieu der Künstler Fuß zu fassen. 1912 zog sie gemeinsam mit den Berliner Bekannten Fanny Remak und Augusta von Zitzewitz nach Paris, um ihr Studium zu vertiefen.[3] Grund tat dies bei Maurice Denis. 1919 beendete sie im Zuge ihrer Lebenskrise ihre Karriere als Künstlerin und arbeitete einige Monate als Landwirtin unter anderem in Polen und Schlesien. [4]

Familienleben

Als Helen Grund 1912 in Paris studierte, lernte sie dort den deutschen Dichter und Schriftsteller Franz Hessel kennen. [5] Die beiden heirateten im Juni 1913.[6] Hessel wurde daraufhin bald schwanger und brachte 1914 ihren ersten Sohn Ulrich in der Schweiz zur Welt. Die Geburt war schwierig und das Kind musste mit der Zange geholt werden, was schwerwiegende Folgen für das Neugeborene hatte. Ulrich Hessel verblieb teilweise linksseitig gelähmt.[7] Franz Hessel zog wenige Tage nach der Geburt seines Sohnes in den Krieg. Im Juli 1917 kam der zweite Sohn, Stefan Hessel, zur Welt. Dieser nannte sich im weiteren Verlauf seines Lebens Stéphane. Nach Ende des Krieges 1918 kehrte Franz Hessel von der Front zurück. [8]

Neben der Ehe mit Franz Hessel hatte Helen Hessel über dreizehn Jahre hinweg eine Beziehung mit dessen besten Freund Henri-Pierre Roché. Dieser schrieb über die Dreiecksbeziehung der beteiligten Personen den Roman „Jules et Jim“ (erschienen 1953, verfilmt 1962).[9] 1921 ließen sich Helen und Franz Hessel scheiden, damit Hessel und Roché zusammenleben konnten. Im Sommer 1922 heirateten Helen und Franz Hessel erneut, obwohl die Affäre zwischen Roché und Hessel weiterhin bestand.[10] Die Familie zog 1925 nach Paris, bevor Franz Hessel zu Beginn des Nationalsozialismus wieder nach Berlin zurückkehrte. Er war jüdischer Herkunft und nachdem 1935 die Nürnberger Gesetze erlassen wurden, drängte Helen Hessel darauf Deutschland zu verlassen, was ihr Ehemann allerdings ablehnte. Als Hessel aufgrund ihrer Ehe mit einem Juden gekündigt wurde, ließ sie sich erneut scheiden um ihrer Tätigkeit als Journalistin weiterhin nachgehen zu können. [11] 1938 besorgte Hessel im Alleingang die benötigten Dokumente um ihren Mann ohne gültigen Reisepass nach Paris zu holen und vor dem Nationalsozialismus zu retten. Nachdem Frankreich von den deutschen Armeen besetzt wurde, wurden Franz und Ulrich Hessel festgenommen und verbrachten einige Monate in einem Konzentrationslager. Um selbst nicht inhaftiert zu werden, stellte sich Hessel nackt vor den französischen Beamten, er solle sie so mitnehmen. Angesichts eines Skandals ließ der Beamte davon ab. Nach der Freilassung von Ehemann und Sohn verstarb Franz Hessel 1941. Helen und Franz Hessel waren zwar geschieden, lebten jedoch bis zu seinem Tod als Paar zusammen.[12]

Lebensabend

Nach dem Tod ihres Ehemannes und den Erinnerungen, die der Krieg hinterlassen hatte, verfiel Hessel in eine Depression und versuchte Suizid zu begehen. Schließlich zog sie im Sommer 1947 zu ihrem Sohn Stéphane nach New York, der dort als UNO-Beamter Karriere machte und lebte anschließend an verschiedenen Orten in den Vereinigten Staaten. [13] Dort arbeitete sie unter anderem als Hausmädchen in Kalifornien, wo sie auch einen Unfall hatte als ihr Auto mit einem Güterzug kollidierte. So brach sie sich mehrfach das Bein, weswegen sie schließlich 1950 nach Frankreich zurückkehrte. [14] Helen Hessel lebte daraufhin in Paris in Wohngemeinschaft mit Anna-Maria Uhde, der Schwester Wilhelm Uhdes. Zu ihrer Familie hielt sie regen Kontakt. Auch im hohen Alter reiste Hessel noch viel innerhalb Europas.[15] Im Sommer 1982 starb Helen Hessel im Alter von 96 Jahren. Sie wurde im Grab Wilhelm und Anne Marie Uhde auf dem Friedhof Montparnasse beigesetzt.[16]

 

Einzelnachweise

(1) Peteuil 2013: S. 19, 31, 34
(2) Peteuil 2013: S. 47f.
(3) Michael Opitz / Jörg Plath: Geniesse froh, was du nicht hast: der Flaneur Franz Hessel. S. 192. ISBN 3-8260-1128-7. Digitalis
(4) Peteuil 2013: S. 47f., 50ff., 105f.
(5) Feldvoß 2012: Freie Liebe zu dritt. Online unter http://www.deutschlandfunk.de/freie-liebe-zu-dritt.871.de.html?dram:article_id=127588
(6) Peteuil 2013: S. 57f., 73ff.
(7) Peteuil 2013: S. 83f., 89
(8) Peteuil 2013: S. 94ff.
(9) Focus Online 2013: Biografie eines Teufelsweibs: Helen Hessel. Online-Ausgabe
(10) Peteuil 2013: S. 147ff., 151ff., 164ff.
(11) Peteuil 2013: S. 286f.
(12) Peteuil 2013: S. 311, 313f
(13) Peteuil 2013: S. 333f., 335
(14) Peteuil 2013: S. 344ff., 352
(15) Peteuil 2013: S. 355, 384f., 390
(16) Manfred Flügge (Hrsg., Nachwort): Letzte Heimkehr nach Paris. F. H. und die Seinen im

Quelle: wikipedia, August 2017