Gabriele Münter – Leben und Werk einer Pionierin der Moderne

Gabriele Münter, eine der herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts, wurde am 19. Februar 1877 in Berlin geboren. Ihr Lebensweg zeichnet sich durch eine faszinierende Reise durch verschiedene künstlerische Bewegungen und Stile aus, wobei sie insbesondere als Mitbegründerin des Blauen Reiters und als bedeutende Vertreterin des Expressionismus hervortrat.

Münters künstlerische Ausbildung begann sie an der Damenakademie des Münchner Künstlerinnenvereins. Später studierte sie in den Jahren 1902 bis 1908 an der renommierten Damenakademie in Düsseldorf sowie an der Kunstakademie in München. In München sollte sie ihren künstlerischen Lebensgefährten und eine der einflussreichsten Figuren ihres Schaffens kennenlernen: Wassily Kandinsky.

Die Begegnung mit Kandinsky markierte den Beginn einer lebenslangen künstlerischen Partnerschaft und einer intensiven Auseinandersetzung mit neuen künstlerischen Ideen. Zusammen mit Kandinsky, Franz Marc und anderen Künstlern gründete Münter 1911 die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“. Diese Gruppe hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung des Expressionismus und des abstrakten Kunstverständnisses in Deutschland.

Münters Werk lässt sich in verschiedene Phasen unterteilen, die von verschiedenen Einflüssen und Experimenten geprägt sind. In den frühen Jahren ihrer Karriere malte sie hauptsächlich Landschaften und Interieurs in einem realistischen Stil. Doch schon bald begann sie, unter dem Einfluss von Kandinsky, sich dem Expressionismus zuzuwenden und begann, Farben und Formen auf eine expressivere und abstraktere Weise zu interpretieren.

„Dorfstrasse in Murnau“
Kohle auf Papier
zw. 1908 – 1914
signiert u. R.
ca. 15,5 x 9,5 cm
Preis auf Anfrage

Murnauer Zeit 1908 bis 1914

Von 1908 bis 1914 pflegten Münter, Kandinsky und die befreundeten, in Murnau und Sindelsdorf lebenden Künstler einen betont einfachen Lebensstil. Damit wollten sie sich der als ursprünglich und erstrebenswert empfundenen Lebensweise der Landbevölkerung annähern – um „echte“ Kunst zu schaffen. Die Gruppe entdeckte die Volkskunst, und gerade Münter beschäftigte sich intensiv mit den stilistischen und technischen Besonderheiten der volkstümlichen Hinterglasmalerei. Als einzige der Gruppe lernte sie diese Technik von Grund auf, indem sie zunächst eine große Anzahl von Kopien anfertigte.

Münters impressionistische Arbeitsweise, bei der sie bis dahin flüchtige, von Lichtstimmungen abhängige Eindrücke festgehalten hatte, änderte sich u. a. durch den Kontakt zur Hinterglasmalerei und deren technische und stilistische Eigenheiten. Zu den wichtigsten Stilmerkmalen ihrer Gemälde ab 1908 gehören gegenstandsdefinierende Umrisse, große kontrastierende Farbflächen und die formale Vereinfachung des Dargestellten. Die Farbperspektive gab sie immer mehr auf. Sie übernahm aber auch andere Elemente der Volkskunst, wie z. B. die Betonung von Augen in Porträts. Münters Auseinandersetzung mit der Volkskunst wurde dabei stark vom Gedankengut des Blauen Reiters beeinflusst. In der Umsetzung ging sie jedoch eigene Wege, die weder von Kandinsky noch von anderen Künstlern der Gruppe direkt abhängig waren.

Dennoch ist für die Murnauer Zeit bezeichnend, dass die in der Umgebung ansässigen und befreundeten Künstler – vor allem zwischen 1908 und 1909 – sich auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen austauschten und stilistisch beeinflussten. Auch Jawlensky mit seinen Kenntnissen der französischen Avantgarde inspirierte Münter dazu, größere Flächen zusammenzufassen und durch schwarze Konturen miteinander zu verspannen. Daneben wird die Klarheit von Licht und Landschaft des Alpenvorlandes als Faktor genannt, der die sprunghafte Entwicklung von Münter und Kandinsky – weg von der kleinteiligen Spachtelmalerei, hin zur flüssigen und spontanen Pinselführung – befördert habe.

Münter schuf in dieser Zeit viele Landschaftsbilder, Porträts und Stillleben, von denen einige auf den Ausstellungen der N.K.V.M. und des Blauen Reiters ausgestellt sowie im Almanach Der Blaue Reiter veröffentlicht wurden. In den Stillleben platzierte sie charakteristischerweise oft Objekte der Volkskunst. Hier lässt sich eine Entwicklung hin zu Verfremdung und Abstraktion feststellen. Sie reduzierte ihre Farbpalette weiter und stellte nun bezeichnenderweise gern warme und kalte Töne der gleichen Farbe ungemischt nebeneinander. Ab 1913 sind in Münters Werk Einflüsse des französischen Kubismus und der Expressionisten der Künstlergruppe Brücke wahrnehmbar.

Besonders bekannt sind Münters Gemälde aus ihrer Zeit mit dem Blauen Reiter. Ihre Werke aus dieser Periode zeichnen sich durch lebendige Farben, eine expressive Pinselstrichführung und eine zunehmende Abstraktion aus. Einige ihrer berühmtesten Gemälde wie „Der Blaue Berg“ und „Die gelbe Kuh“ spiegeln die tiefe Verbindung zur Natur und die Suche nach einer spirituellen Dimension in der Kunst wider.

Nach der Zersplitterung des Blauen Reiters und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges trennte sich Münter von Kandinsky und kehrte nach München zurück. In den folgenden Jahren malte sie weiterhin, wobei sie verschiedene Stile und Techniken erkundete, darunter auch die Stillleben und Porträts.

In den 1920er und 1930er Jahren wandte sich Münter vermehrt dem traditionellen Realismus zu und verließ die abstrakten Experimente ihrer früheren Jahre. Trotzdem blieb sie eine eigenständige und innovative Künstlerin, die sich nicht scheute, neue Wege zu beschreiten.

Gabriele Münter verstarb am 19. Mai 1962 in Murnau am Staffelsee, wo sie einen Großteil ihres Lebens verbracht hatte. Ihr Erbe als eine der führenden weiblichen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts lebt in ihrem beeindruckenden Werk fort, das die Vielseitigkeit und Innovationskraft einer Pionierin der modernen Kunst reflektiert.

Quellen: wikipedia März 2024; Galerie „DER PANTHER“ – fine art
Beitragsfoto: Gabriele Münter, ca. 1903 (wikipedia)