Julie Wolfthorn – Eine der bekanntesten Deutschen Künstlerinnen um 1900

Julie Wolfthorn

(auch Wolf-Thorn, geborene Wolf oder Wolff; * 8. Januar 1864 in Thorn, Westpreußen; † 29. Dezember 1944 im Ghetto Theresienstadt) war eine deutsche Malerin und Grafikerin.

Jelka Rosen

Académie Colarossi (Paris) um 1896: Im Atelier Colarossi, Ida Gerhardi stehend rechts, Julie Wolfthorn (sitzend) 2. von rechts, Jelka Rosen (stehend) 3. von rechts, Adele von Finck (Mitte unten).
Julie Wolfthorn war Mitglied im „Hiddenseer Künstlerinnenbund“, welcher 1919 durch Henni Lehmann in der Blauen Scheune auf Hiddensee gegründet wurde.

Hiddensoer Künstlerinnenbund

Leben:

Julie Wolfthorn wurde unter dem Namen Julie Wolf(f) als Kind einer bürgerlichen jüdischen Familie in Thorn geboren. Ab 1890 studierte sie Malerei und Grafik in Berlin, nach einem Aufenthalt in Paris kehrte sie nach Berlin zurück, wo sie jahrzehntelang in der Kurfürstenstraße 50 lebte (das Haus existiert nicht mehr). 1898 wurde sie – als eine von nur vier Frauen – Gründungsmitglied der Berliner Secession. Seit 1898 war sie im „Verein der Künstlerinnen und Kunstfreunde Berlin“.

Adele von Finck - Julie Wolfthorn

“Damen im Gespräch
rückseitig mit Aufkleber und Stempel versehen ”Grosse Berliner Kunstausstellung”,
Hierbei handelt es sich um das Werk „Plaudernde Frauen“ (Grosse Berliner Kunstausstellung Mai – September 1916, Saal 48, Katalog-Nr. 1916),
Öl auf Leinwand
u. re. sign. „A. v. Finck“
90 x 118 cm (o. R.)
um 1916

Dieses kunsthistorisch sehr bedeutende Werk stellte auf der linken Seite die Künstlerin Julie Wolfthorn dar, ganz rechts ihre Schwester Li (Luise Wolf). In der Mitte „Frau Professor“ (wie sie zeitgenössisch nach ihrem berühmten Ehemann Peter B. genannt wird)  Lilly Behrens, geb. Krämer. Alle drei waren kurz nach 1900 bereits bekannte und anerkannte kreative, arbeitende Frauen: als Malerin, Schriftstellerin und Literaturübersetzerin bzw. als „Designerin“, wie man Behrens heute nennen würde, die mit ihrer Familie 1907 nach Potsdam zog. Das Mädchen unten links ist Petra Behrens, zu der Julie Wolfthorn ihr Leben lang ein enges Verhältnis pflegte und diese mehrmals portraitiert hat. Man kann davon ausgehen, dass dieses Werk in der gemeinsamen Wohnung von Julie und Luise (Kurfürstenstrasse 50) seinen Ursprung gefunden hat. Auch Adele von Fink war ab 1907 unter der Adresse der Kurfürstenstrasse 50 in Berlin eingetragen und wohnte somit mit beiden Schwestern im selben Haus.

Julie Wolfthorn war als Mitglied des KVM („Künstlerinnenvereinigung München“) eingetragen (der KVM wurde 1882 gegründet und unterhielt ab 1884 eine eigene Damenakademie). Auch war Julie Wolfthorn u.a. in den Jahren 1894, 1895, 1900 bis 1904 an den Jahresausstellungen im Münchner Glaspalast aktiv mit einigen Werken beteiligte. Ab ca. 1897 publizierte sie zudem regelmäßig  in der Münchner Kulturzeitschrift „Jugend.“ 1904 heiratete sie den Kunsthistoriker und -kritiker Rudolf Klein. Im Jahre 1905 gründete sie zusammen mit Berliner und Münchner Künstlerinnen die Ausstellungsgemeinschaft „Verbindung Bildender Künstlerinnen Berlin – München“.

„Portrait  der Schauspielerin Elisabeth Bergner“
Mischtechnik auf Papier
ca. 26 x 21 cm
signiert u.R. „Julie Wolfthorn“
Entstehung zw. 1920  – 1930
Als Vorlage zu diesem Werk diente eine (Star-)Postkarte aus dem Fotoatelier von Elli Marcus, die sich im Berlin der 1920 Jahre als Mode-, Werbe-, Theater- und Filmfotografin profilierte.

Elisabeth Bergner, geboren 1897 in Drohobycz in Galizien, Österreich-Ungarn, feierte 1917 ihren ersten großen Erfolg am Berliner Lessing-Theater im Shakespeare-Stück „Wie es euch gefällt“. Als Jüdin von den Nationalsozialisten angefeindet, wanderte sie 1933 zuerst nach Wien und später nach London aus. Den Umstieg von der Stummfilmzeit zum Tonfilm und auch die sprachliche Herausforderung meisterte sie ohne Probleme. Unter der Regie ihres Mannes, dem Regisseur Paul Czinner, erhielt sie 1935 für ihre Rolle in dem britischen Filmdrama „Verlass mich niemals wieder“ eine Oscar-Nominierung.

Gemeinsam mit Czinner emigrierte sie 1940 nach Hollywood. Größerer Erfolge beim Film gab es nicht, Elisabeth Bergner verlegte sich wieder aufs Theater spielen. 1950 ging sie nach England, 1954 kehrte sie nach Deutschland zurück, konnte weitere Erfolge als Film- und Theaterschauspielerin verzeichnen.

Quelle: Berliner Woche, 16.05.2016

Ausstellungsbeteiligung / Abbildungen / Literatur:

“Künstlerinnen der Moderne – Magda Langenstraß-Uhlig und ihre Zeit” (Jutta Götzmann (Hg.), Anna Havemann (Hg.), Potsdam-Museum (Hg.) [2015}

Auch im Jahre 1905 unterzeichneten Julie Wolfthorn und über 200 Künstlerinnen eine Petition mit der Forderung zur Zulassung an der Preußischen Akademie der Künste, die von dem Akademiedirektor Anton von Werner abgelehnt wurde. 1906 gründete sie mit Käthe Kollwitz die Ausstellungsgemeinschaft „Verbindung Bildender Künstlerinnen“, 1912 wurde sie mit Käthe Kollwitz in den Vorstand und die Jury der Secession gewählt, 1933 wurde sie mit Fanny Remak aus dem Vorstand ausgeschlossen, die nach England emigrierte. Julie Wolfthorn blieb in Berlin und arbeitete mit dem Kulturbund Deutscher Juden zusammen. 1941 wurde der Kulturbund verboten, die Mitarbeiter verhaftet und das Vereinsvermögen beschlagnahmt.

Julie Wolfthorn - Dachau

„Kastanienweg im Dachauer Hinterland“
Mischtechnik auf Papier
ca. 37 x 47 cm (o. R.)
ca. 60 x 70 cm (inkl. Rahmung)
sign. u. L. „J. Wolfthorn“
um 1905

Am 28. Oktober 1942 wurde Julie Wolfthorn im Alter von 78 Jahren zusammen mit ihrer Schwester Luise Wolf mit dem „68. Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort zeichnete sie, so weit ihr das unter den Umständen möglich war. Sie überlebte hier zwei Jahre und verstarb wenige Tage vor ihrem 81. Geburtstag.

An Julie Wolfthorn erinnert heute der Name einer neuen Straße am Berliner Nordbahnhof.

Weitere Werke (Auswahl):

Julie Wolfthorn wurde vor allem durch ihre Portraitmalerei bekannt. Sie portraitierte Ida Dehmel, Richard Dehmel, Olga Hempel, Marlene Dietrich, Carl Ludwig Schleich, Hedda Eulenberg, Gerhart Hauptmann (im Doppelporträt mit seiner Frau Margarete), Gabriele Reuter, die Familienmitglieder des schreibenden und übersetzenden Paares Hedwig Lachmann und Gustav Landauer, die Familie des Architekten Hermann Muthesius, den Arzt Salomon Neumann, die Opernsängerin Irmgard Scheffner, die Familie des berühmten Architekten Peter Behrens, viele Schauspielerinnen wie Tilla Durieux oder Carola Neher – und hunderte andere berühmte Zeitgenossen, vorwiegend aus der Berliner Gesellschaft, darunter besonders viele engagierte Frauen.

Julie Wolfthorn - Landschaft in Bayern II

„Landschaft in Bayern II“
Öl auf Pappe
ca. 37 x 47 cm
Ca. 60 x 70 cm (inkl. Rahmung)
sign. u. L. „J. Wolfthorn“
um 1908
Ausst. u .Lit.: 8.1. – 2.2.1909 Kunstsalon Cassirer, Berlin,
dieses Werk wurde zusammen mit Arbeiten von Gustave Gourmet, Claude Monet, August Gaul u.a. bei Cassirer (Berlin) gezeigt

Julie Wolfthorn - Am Strand von Vitte (Hiddensee)

„Am Strand von Vitte (Hiddensee)“
Gouache auf Pappe
Gerahmt mit Passepartout unter Glas, Montparnasse
ca. 30 x 22 cm (o. R.)
ca. 50 x 42 cm (inkl. Rahmung)
sign. u. L. „Julie Wolfthorn“
um 1920

 

Julie Wolfthorn - Portrait Anna Muthesius

„Portrait Anna Muthesius“
Mischtechnik auf Papier
Gerahmt mit Passepartout unter Glas, Montparnasse
ca. 46 x 37 cm (o. R.)
ca. 65 x 55 cm (inkl. Rahmung)
sign. u. R. „J. Wolfthorn“
um 1908

Anna Muthesius war eine deutsche ausgebildete Konzertsängerin und seit 1896 verheiratet mit dem Architekten Hermann Muthesius, dem Gründer des Deutschen Werkbundes, dessen Mitglied sie war. Als Autodidaktin wirkte sie unter anderem als Innenarchitektin und Modedesignerin.

Weitere Veröffentlichungen zu Julie Wolfthorn:


Julie Wolfthorn

Julie Wolfthorn – Ausbildung in München und entstandene Werke rund um die Künstlerkolonie Dachau


Julie Wolfthorn – Mit Pinsel und Palette die Welt erobern


Julie Wolfthorn

Julie Wolfthorn – Predigthilfe zum Israelsonntag


Lost & Found


Julie Wolfthorn

Suchmeldung – Portrait der Karla Friedel


Literatur (Auswahl):

P R E D I G T H I L F E & M A T E R I A L I E N F Ü R D I E G E M E I N D E
Ausgabe 04/2017, israelsonntag 2017, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.

„Fortsetzung folgt! 150 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen“
Ausstellungspublikation, 25.11.2016 – 24.03.2017, Camaro Stiftung Berlin,
ISBN 978-3932809-81-1

“Künstlerinnen der Moderne – Magda Langenstraß-Uhlig und ihre Zeit”
(Jutta Götzmann (Hg.), Anna Havemann (Hg.), Potsdam-Museum (Hg.) [2015}

“Ein Rucksack voller Farben” – Künstlerinnen und die Freiluftmalerei
Museum Moderner Kunst – Wörlen Passau; Gabler, Josephine; ISBN: 978-3-928844-64-2

Hedwig Brenner: „Jüdische Frauen in der bildenden Kunst II“. Konstanz 2004.

Beate Spitzmüller: Julie Wolfthorn. In: Britta Jürgs (Hg.): „Denn da ist nichts mehr, wie es die Natur gewollt. Portraits von Künstlerinnen und Schriftstellerinnen um 1900“. AvivA Verlag, Berlin, 2001, ISBN 3-932338-13-8; S.248-259

„Käthe, Paula und der ganze Rest“. Ein Nachschlagewerk (Künstlerinnenlexikon), hrsg. v. Verein der Berliner Künstlerinnen e.V., Berlin: Kupfergraben, 1992, S. 185 (Lit.). ISBN 3-89181-411-9

„Wie sich die Malweiber die Ostseeküste eroberten“
Marion Magas, Eigenverlag 2008, ISBN 978-3-00023779-9.

„Hiddensee. Die besondere Insel für Künstler“
Ruth Negendanck, edition fischerhuder kunstbuch, Verlag Atelier im Bauernhaus, Fischerhude 2005, ISBN 3-88132-288-4

Quelle: Wikipedia
Foto ” Académie Colarossi” : LWL-Museum für Kunst und Kultur (Westfälisches Landesmuseum), Münster/Gerhardi-Archiv
(http://www.lwl.org/LWL/Kultur/museumkunstkultur/)
Beitragsbild: Julie Wolfthorn, Portrait Marlene Dietrich


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widmet sich hauptsächlich Werken des Deutschen Impressionismus, Expressionismus und der Klassischen Moderne.

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