Julie Wolfthorn – Ausbildung in München und entstandene Werke rund um die Künstlerkolonie Dachau

Julie Wolfthorn

(auch Wolf-Thorn, geborene Wolf oder Wolff; * 8. Januar 1864 in Thorn, Westpreußen; † 29. Dezember 1944 im Ghetto Theresienstadt)

Julie Wolfthorn in ihrem Berliner Atelier
Julie Wolfthorn in ihrem Berliner Atelier

Lediglich geschichtliche Bruchteile aus dem Leben, Werk und über einzelne Ausbildungsstationen der jüdischstämmigen Künstlerin Julie Wolfthorn waren bis vor einigen Jahren bekannt. Es schien, dass nur wenige ihrer Arbeiten die (Nach-)Kriegswirren und die Zeit der Judenverfolgung überlebt hätten.

Nur wenig gute Literatur ist über diese Künstlerin der „verschollenen Generation“ vorhanden oder neu verfasst worden. Es gilt daher viele Lücken in ihrem bis dato bekannten Lebenslauf zu schließen, vieles zu berichtigen und klarzustellen.

Julie Wolfthorn - Landschaft in Bayern I

„Landschaft in Bayern I“
Öl auf Malgrund
32 x 42,5 cm
Entstehung um 1905
signiert u.r. „Julie Wolfthorn
rückseitig bezeichnet und datiert
Ausst. u .Lit.: 8.1. – 2.2.1909 Kunstsalon Cassirer, Berlin,
dieses Werk wurde zusammen mit Arbeiten von Gustave Gourmet, Claude Monet, August Gaul u.a. bei Cassirer (Berlin) gezeigt

Dieses Werk wurde fälschlicherweise in der Publikation „Leben und Werk der Malerin und Graphikerin Julie Wolfthorn (1864 – 1944) – Rekonstruktion eines Künstlerinnenlebens, Heike Carstensen, WVZ 218 (1), als „Baumblüte in Ferch“ um 1918 bezeichnet sowie abgebildet.

Julie Wolfthorn - Landschaft in Bayern II

„Landschaft in Bayern II“
Öl auf Pappe
37 x 47 cm
sign. u.L. „J. Wolfthorn“
um 1905
Ausst. u .Lit.: 8.1. – 2.2.1909 Kunstsalon Cassirer, Berlin,
dieses Werk wurde zusammen mit Arbeiten von Gustave Gourmet, Claude Monet, August Gaul u.a. bei Cassirer (Berlin) gezeigt

Auch schien es bislang ungeklärt, ob/wann Julie Wolfthorn zu Ausbildungszwecken in München bzw. in der damals sehr bekannten Künstlerkolonie Dachau gearbeitet hat. Dieses grobe kunsthistorische Versäumnis in der bisherigen Recherche zur Darstellung des Lebens und des Werks der Künstlerin gilt es nun endgültig nachzuholen.

Damenakademie München - Malweiber
Damenakademie München um 1900

Es ist seit langem bekannt, dass Julie Wolfthorn als Mitglied des KVM („Künstlerinnenvereinigung München“) eingetragen war (der KVM wurde 1882 gegründet und unterhielt ab 1884 eine eigene Damenakademie). Auch ist klar belegt, dass sich Julie Wolfthorn u.a. in den Jahren 1894, 1895, 1900 bis 1904 an den Jahresausstellungen im Münchner Glaspalast aktiv mit einigen Werken beteiligte. Ab ca. 1897 publizierte sie zudem regelmäßig  in der Münchner Kulturzeitschrift „Jugend.“

Im Jahre 1905 gründete sie zusammen mit Berliner und Münchner Künstlerinnen die Ausstellungsgemeinschaft „Verbindung Bildender Künstlerinnen Berlin – München“.

Julie Wolfthorn - Dachau

Julie Wolfthorn (v.L.) begleitet von einer weiteren, nicht identifizierten Malerin und einem sogenannten „Maler-Madl“; Nähe Haimhausen an der Amper

Julie Wolfthorn - Dachau

Malweiber in Dachau
Damenmalklasse in Dachau

Mehrere Fotos sind nun zusätzlich in den letzten Jahren identifiziert worden, welche Julie Wolfthorn in der nah gelegenen Künstlerkolonie Dachau bzw. in der näheren Umgebung wie z.B. in Haimhausen (siehe Foto oben) zeigen. Ab ca. 1880 war es ein wichtiger Ausbildungsbestandteil, dass Künstler(-innen) oder auch ganze Malklassen zum Malen in der Natur nach Dachau kamen.

Julie Wolfthorn - Ansicht auf Dachau
J. Wolfthorn – Dachau, um 1900

Arbeiten der Künstlerin Julie Wolfthorn konnten allerdings ihren Aufenthalten in München und der Umgebung um Dachau bis vor einigen Jahren nicht zugeordnet werden bzw. waren gänzlich unbekannt oder das hinterlassene Werk wurde zum Teil unsauber oder regelrecht laienhaft recherchiert, dessen Ergebnis wie ein unschönes Dogma sowohl die Geschichte, als auch den Kunstmarkt negativ beeinflusste.

Eine diesbezügliche Lücke hinsichtlich ihrer Ausbildung, ihrer Aufenthalte und entstandenen Werken im Raum München, dürfen wir daher jetzt mit einer Auswahl außergewöhnlich interessanter Arbeiten der Künstlerin aus unserem Galeriebestand schließen und die bislang eher kargen bzw. fehlerhaft recherchierten Veröffentlichungen/Rekonstruktionen über das Leben und Werk der Künstlerin somit korrigieren bzw. ergänzen.

Julie Wolfthorn - Waldlichtung im Dachauer Moos

„Waldlichtung im Dachauer Moos“
Öl auf Malgrund
68 x 59 cm
Entstehung vor 1898
signiert „Julie Wolfthorn – Dachau“
rückseitigen Aufkleber “Damenmalklasse – H.von Hayek – München“

Hans von Hayek
Hans von Hayek

Hans von Hayek kam 1891 an die Münchner Akademie, studierte u.a. bei Gabriel Hackl, Wilhelm Lindenschmitt, Carl von Marr und später bei Heinrich von Zügel. 1898 unterhielt er seine erste eigene Malschule in Olching an der Amper, welche er zwei Jahre später nach Dachau verlegte. Wie bei vielen andere namhaften Künstlern ist davon auszugehen, dass Hans von Hayek in München Unterricht in einer der sogenannten „Damenmalklasse“ gab, bevor er seine eigene Malschule mit großem Erfolg gründete. Das abgebildete Werk Julie Wolfthorns kann somit als ein eindeutiges Indiz dafür gelten, dass die Künstlerin vor 1898 zu Ausbildungszwecken Malunterricht in der Damenmalklasse des bekannten Münchener Künstlers und Ausbilders Hans von Hayek nahm.

Hans von Hayek - Dachau

Hans von Hayek mit Malschülerin vor der Moosschwaige, 1906

Ein zweites Werk – „Ansicht auf Dachau“ – zeugt von einem weiteren Aufenthalt der Künstlerin in der Künstlerkolonie Dachau, die ihre Blütezeit zwischen 1880 und 1920 erlebte.

Julie Wolfthorn - Kastanienallee im Dachauer Hinterland

„Kastanienallee im Dachauer Hinterland“
Mischtechnik auf Papier
24 x 36 cm
Entstehung um 1900
signiert u.L. „J. Wolfthorn“

Julie Wolfthorn - An der Amper

„An der Amper“
Farbkreide auf Papier
45 x 30 cm
Entstehung um 1900
signiert u.R.  „J.  Wolfhorn“
rückseitig bezeichnet „An der 
Amper“

Weitere Veröffentlichungen zu Julie Wolfthorn:


Julie Wolfthorn – Mit Pinsel und Palette die Welt erobern


Lost & Found


Julie Wolfthorn - Karla Friedel

Suchmeldung – Portrait der Karla Friedel

Quellen:

  • Fotos aus Dachau/Haimhausen: Archiv Stadtmuseum München; Heimatmuseum Haimhausen
  • Abgebildete Werke:  Galeriebestand „DER PANTHER“ – fine art
  • Kunsthistorische Recherche: Galerie „DER PANTHER“ – fine art begleitet von dem „Julie Wolfthorn Freundeskreis“ Berlin (Sabine Krusen)

panther-logo-fuer-webDie Galerie “DER PANTHER” – fine art

widmet sich hauptsächlich Werken des Deutschen Impressionismus, Expressionismus und der Klassischen Moderne.

-> zum Künstlerverzeichnis unserer Galerie


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